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ADHS und Autismus: Gemeinsamkeiten & Unterschiede

ADHS und Autismus – zwei Worte, die für viele von uns eine ganz eigene Bedeutung haben. Als Formen der Neurodivergenz prägen sie grundlegend, wie wir die Welt wahrnehmen, verarbeiten und in ihr agieren. Manchmal treten sie einzeln auf, oft auch gemeinsam, und formen dabei unsere Realität auf vielfältige Weise. Während sie oberflächlich ähnlich erscheinen mögen, unterscheiden sie sich fundamental in der Art, wie unsere Gehirne arbeiten.

Auf dieser Seite möchte ich dir einen Einblick geben, wie diese beiden neurologischen Variationen sich unterscheiden, wo sie sich überschneiden und wie sie sich manchmal sogar gegenseitig ergänzen können. Denn nur wenn wir beide in ihrer Eigenart verstehen, können wir auch die besonderen Dynamiken nachvollziehen, die entstehen, wenn sie zusammentreffen.

Grundlegende Unterschiede in der Informationsverarbeitung

Stell dir vor, dein Gehirn wäre ein ganz besonderer Computer – einer, der Informationen völlig anders verarbeitet als die „Standard-Modelle“. Bei ADHS und Autismus arbeiten diese neurodivergenten „Betriebssysteme“ auf ihre ganz eigene, faszinierende Weise. Während das ADHS-Gehirn wie ein Multitasking-Künstler zwischen verschiedenen Programmen hin und her springt, arbeitet das autistische Gehirn eher wie ein hochspezialisierter Prozessor, der jedes Detail gründlich analysiert. Beide Arten haben ihre eigenen Stärken und Herausforderungen. Manchmal ergänzen sie sich auf überraschende Weise. Und manchmal kommen sie sich auch verheerend in die Quere. 

ADHS-spezifische Verarbeitung

  • Dynamische, oft sprunghaft wechselnde Aufmerksamkeit
  • Schwierigkeiten bei der Filterung von Reizen durch variable Aufmerksamkeitssteuerung
  • Intensives emotionales Erleben mit schnellen Wechseln
  • Herausforderungen bei der Aktivierung für nicht unmittelbar interessante Aufgaben
  • Leben stark im „Hier und Jetzt“ mit eingeschränkter Objektpermanenz

Autistische Verarbeitung

  • Detailgenaue, systematische Informationsverarbeitung
  • Grundsätzlich andere Reizfilterung mit konstant erhöhter Wahrnehmungsintensität
  • Tiefgehendes emotionales Erleben mit starker Systematisierung
  • Intensive Fokussierung auf Interessengebiete
  • Starke Orientierung an Mustern und Strukturen

Gemeinsamkeiten in der Wahrnehmung

Eine der faszinierendsten Gemeinsamkeiten zwischen ADHS und Autismus liegt in der Art, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen. Während andere Menschen scheinbar mühelos durch ihren Alltag navigieren, erleben wir oft eine intensive, manchmal überwältigende Fülle von Eindrücken. Es ist, als hätten unsere Sinne keinen eingebauten Filter – alles kommt ungefiltert bei uns an, ob wir wollen oder nicht. Diese besondere Wahrnehmung kann sowohl bereichernd als auch extrem herausfordernd sein, und sie prägt maßgeblich, wie wir die Welt um uns herum erleben.

Sensorische Besonderheiten

  • Beide Gruppen erleben häufig intensive sensorische Eindrücke
  • Herausforderungen bei der Verarbeitung von Umgebungsreizen
  • Mögliche Überlastung in reizintensiven Umgebungen
  • Bedürfnis nach individueller Reizregulation
  • Entwicklung spezifischer Bewältigungsstrategien

Soziale Interaktion bei ADHS & Autismus

  • Beide Gruppen können Schwierigkeiten in sozialen Situationen erleben
  • Herausforderungen bei der Interpretation sozialer Signale
  • Oft unkonventionelle Kommunikationsstile
  • Bedürfnis nach authentischen, direkten Interaktionen
  • Risiko sozialer Erschöpfung

Unterschiedliche Denkstile

Unsere Gedanken folgen oft Pfaden, die für andere nicht immer nachvollziehbar sind. Während das ADHS-Gehirn wie ein kreatives Feuerwerk Ideen in alle Richtungen sprüht und spontane Verbindungen knüpft, gleicht das autistische Denken eher einer präzisen Kartographierung, bei der jedes Detail seinen genauen Platz hat.

ADHS-Denken

  • Assoziativ und sprunghaft
  • Schnelle Verknüpfung verschiedener Ideen
  • Kreatives „Out of the Box“-Denken
  • Intuitive Erfassung von Zusammenhängen
  • Herausforderungen bei linearer Strukturierung

Autistisches Denken

  • Systematisch und detailorientiert
  • Tiefgehende Analyse einzelner Aspekte
  • Logisches, musterbasiertes Denken
  • Präzise Kategorisierung von Informationen
  • Schwierigkeiten bei spontanen Perspektivwechseln

Emotionale Unterschiede

Gefühle – sie sind für uns oft intensiver, komplexer und manchmal verwirrender als für neurotypische Menschen. Dabei unterscheiden sich ADHS und Autismus grundlegend in der Art, wie wir Emotionen erleben und verarbeiten. Während ADHS-Emotionen oft wie schnelle, intensive Gewitterschauer kommen und gehen, gleichen autistische Gefühle eher einem tiefen See, dessen Strömungen erst nach und nach erkennbar werden. Beide Arten des emotionalen Erlebens sind valid und wertvoll – auch wenn sie uns oft vor Herausforderungen stellen.

ADHS-typische Emotionalität

  • Schnell wechselnde Gefühlszustände
  • Intensive, unmittelbare emotionale Reaktionen
  • Herausforderungen bei der Emotionsregulation
  • Starke Verbindung zwischen Emotion und Handlung
  • Emotionale Zeitlosigkeit bei Erinnerungen

Autismus-typische Emotionalität

  • Komplexe, tiefgehende emotionale Verarbeitung
  • Systematische Analyse von Gefühlen
  • Verzögerte emotionale Verarbeitung
  • Starke Verbindung zwischen Emotion und Sensorik
  • Detaillierte emotionale Erinnerungen

Und wie sehen ADHS und Autismus im Alltag aus?

Du willst wissen, wie ADHS und Autismus im Alltag aussehen können? 

Damit die Seite nicht zu lang wird, habe ich die Themen aufgeteilt. Du findest weitere Themen wie alltägliche Herausforderungen und psychische Begleiterkrankungen hier. 

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Häufig gestellte Fragen zu ADHS und Autismus

Können ADHS und Autismus gleichzeitig auftreten?

Ja, ADHS und Autismus treten häufig gemeinsam auf. Diese Kombination wird als „Co-Existenz“ bezeichnet und ist keine Seltenheit. Dabei entstehen oft einzigartige Dynamiken, bei denen sich die verschiedenen Aspekte sowohl verstärken als auch ausgleichen können. Jeder Mensch erlebt diese Kombination auf seine ganz eigene Weise.

Besonders bei Erwachsenen und Frauen wird Neurodivergenz oft lange übersehen. Gründe dafür sind:

  • Veraltete diagnostische Kriterien, die sich hauptsächlich an männlichen Erscheinungsformen orientieren
  • Entwicklung von Maskierung und Kompensationsstrategien
  • Fehlendes Wissen über verschiedene Präsentationsformen
  • Gesellschaftliche Vorurteile und Stereotypen

Masking beschreibt das bewusste oder unbewusste Verbergen neurodivergenter Verhaltensweisen. Dies kann:

  • Zu Erschöpfung und Burnout führen
  • Die Diagnose erschweren
  • Langfristige psychische Belastungen verursachen
  • Den Verlust der eigenen Identität fördern

Ja, sowohl ADHS als auch Autismus zeigen auffällige Häufungen bestimmter körperlicher Erkrankungen. Dazu gehören unter anderem:

  • Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto
  • Bindegewebserkrankungen wie Ehlers-Danlos-Syndrom
  • Verdauungsstörungen und Reizdarmsyndrom
  • Neurologische Entwicklungsbesonderheiten wie Dyslexie oder Dyskalkulie

Es gibt verschiedene Formen der Unterstützung:

  • Psychotherapie und Coaching
  • Ergotherapie für praktische Alltagsstrategien
  • Medikamentöse Behandlung (besonders bei ADHS)
  • Selbsthilfegruppen und Community-Austausch
  • Anpassungen in Schule oder Arbeitsplatz

Ja, sowohl ADHS als auch Autismus haben eine starke genetische Komponente. Oft finden sich in Familien mehrere neurodivergente Mitglieder, wobei die individuellen Ausprägungen sehr unterschiedlich sein können.

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